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Freitag, 21. März 2014

Bundestag berät über Hebammensituation - Eine Zusammenfassung der Plenarsitzung vom 20.03.2014

Mit ohnmächtigem Staunen habe ich gerade die Aufzeichnung der Plenarsitzung des Deutschen Bundestags zur Haftplichtproblematik vom Donnerstag angeschaut. Bündnis 90 / Die Grünen hatten einen Antrag eingebracht, zügig und umfassend die Haftpflichtproblematik der Hebammen in Deutschland lösen. Was dann in gut 70 Minuten debattiert wurde, brachte mich allerdings zum Haareraufen! Hier eine kurze Zusammenfassung der einzelnen Redner mit Link auf den jeweiligen Redebeitrag:

Elisabeth Scharfenberg (B90/Grüne)
Stellte den Antrag vor und erläuterte sachlich die Problematik. Forderte von der Bundesregierung sofortiges Handeln und Entwicklung konstruktiver und nachhaltiger Lösungen. Meiner Meinung nach ein idealer Start für die Debatte.

Hermann Gröhe (CDU/CSU)
In seiner Funktion als Gesundheitsminister wies Herr Gröhe darauf hin, dass sein Ministerium bereits intensiv an Lösungen arbeitet und wir doch bitte die Ergebnisse der eingerichteten Arbeitsgruppe abwarten sollen, die im April erwartet werden. Wichtig zu sein schien ihm aber auch, darauf hinzuweisen, dass aufgrund von Fehlern in der Behandlung Leistungen zu zahlen sind, die ursächlich für die hohen Haftpflichtprämien sind ("ohne damit einen ganzen Berufsstand auf die Anklagebank zu bringen"). Aber ist es tatsächlich immer ein Behandlungsfehler, wenn ein Kind nicht optimal zur Welt kommt? Welchen Anteil einer Geburt kann man vorausahnen und kann man alle Entwicklungen zum Negativen vermeiden und Fehler komplett ausschließen? Das klingt doch sehr utopisch, so dass hier meines Erachtens das Wort "Fehler" nicht passt. Im Umkehrschluss könnten damit nämlich sehr leicht höhere Kaiserschnittsraten argumentiert werden, nach dem Motto "lieber geplant rausschneiden, bevor irgendetwas schief gehen könnte". Alles in allem machte Herr Gröhe aber einen sehr bemühten Eindruck, wollen wir hoffen dass sein Engagement für sein "Herzensanliegen" auch in zeitnahe Maßnahmen mündet.

Birgit Wöllert (Die Linke)
Schwafelte zunächst darüber, wem sie alles dankt und empfahl den anwesenden Besuchern, doch mal nach der e-Petition 50667 des Deutschen Bundestags zu suchen und diese mitzuzeichnen. Damit wurden wertvolle Redeminuten vergeudet, um dann über den errechneten Stundenlohn von 7,50 € bis 8,50 € für Hebammen durch die Hintertür doch wieder auf das linke Lieblingsthema Mindestlohn zu kommen. Schöne Absichts- und Solidaritätsbekundungen, aber keine konstruktiven Lösungsvorschläge oder -beiträge.

Dr. Karl Lauterbach (SPD)
Dr. Lauterbach schoss dann den Vogel ab, indem er unversehens zu relativieren begann und den Antragsstellern Populismus vorwarf. In der letzten Legislaturperiode habe es ja Anpassungen der Beiträge gegeben und damit wurde schon gehandelt. (Komisch, warum mussten dann weitere Hebammen aufgeben, weil sie sich die Prämien nicht mehr leisten konnten?) Außerdem steht das Thema im Koalitionsvertrag drin und man spricht ständig mit den Hebammenverbänden. (Worte alleine helfen aber jetzt nicht mehr!)
Es gehe weiterhin ja nur um einen "kleine Gruppe der Hebammen" ("1%") und insgesamt sei die Versorgungen mit Hebammen in Deutschland gut und auch überhaupt nicht in Gefahr. Na wenn das so ist, dann können wir ja alle nach Hause gehen! Mitnichten geht es nur um die freiberuflichen Hebammen, die Krankenhäuser leiden doch genauso unter steigenden Haftpflichtprämien und werden sich deshalb mehrmals überlegen, ob sich ihre Geburtshilfestation noch lohnt. Seine Empfehlung, einfach mehr Geburten zu betreuen, damit sich das dann schon rechnet, ist hanebüchen!
Er will darüber hinaus die "Verbesserung der Geburtshilfe" an Qualitätsprüfungen koppeln, damit man mal endlich weiß, ob das denn alles wirklich so gut ist wie alle immer behaupten. Zum Schluss bat auch er um Geduld, dass man in den nächsten Wochen eine Lösung präsentieren würde. "Bitte hetzen Sie nicht!" Naja, ist ja nicht so als wäre das Thema erst seit gestern bekannt...

Kordula Schulz-Asche (B90/Grüne)
Einen erfrischenden Ansatz brachte Kordula Schulz-Asche hinein, denn sie las als eine der wenigen nicht bloß ihre vorformulierte geschliffene Rede vor, sondern nahm Stellung zu den zuvor geäußerten Unverfrorenheiten. Das, was man in der Debattierkultur ein "Rebuttal" nennt.

Dr. Roy Kühne (CDU/CSU)
Herr Dr. Kühne verbrachte den Großteil seiner Redezeit erstmal mit einer Zusammenfassung des Themas und Einführung für Neulinge, die sich erst seit 5 Minuten mit dem Thema befassten. Toll. Dafür bezahl ich nun also seine hohen Diäten, damit er mir das googlen abnimmt! Desweiteren schloss er sich seiner Fraktionsmeinung an, dass doch nun alles nicht so schlimm sei und man auch mal die Kirche im Dorf lassen sollte. Die Petition nannte er "gefühlsduselig" und ohne sachliche Vorschläge und außerdem brauche man ja überhaupt mal Daten und Fakten und vorher können man ja gar nix machen. Blah, blah, der nächste bitte!

Bettina Müller (SPD)
Frau Müller beteiligte sich ebenfalls an der Koalitionslinie, das Problem kleinzureden und den Handlungsbedarf zu relativieren. Man arbeite ja schon daran, es ist alles nicht so einfach, kennt man zu Genüge. Ich hätte mir da echt mehr erwartet!

Erich Irlstorfer (CDU/CSU)
Herr Irlstorfer eröffnete den Reigen der Frischlinge, denn die letzten drei Redner dieses Tagesordnungspunktes durften ihre allerersten Reden schwingen und wurden entsprechend beglückwünscht. Süß. Erich Irlstorfer hat mich echt positiv überrascht und bildete einen guten Kontrapunkt zu seiner Vorrednerin. Aus der Schublade "bairischer Pfundskerl" sprang er schnell heraus, seine Solidarität und sein Problembewusstsein kamen glaubhaft rüber. Er mahnte ebenfalls zur Findung einer Lösung, sprach dabei auch seine Überzeugung aus, dass der Bundestag diese finden werde. Allerdings sprach auch er von einem "Randproblem", was erwiesenermaßen falsch ist. Es sind eben alle Hebammen und die gesamte Geburtshilfe betroffen. Bloß weil das Krankenhaus die Haftpflichtversicherung zahlt, heißt das nicht, dass explodierende Haftpflichtbeiträge auch für die festangestellten Hebammen kein Problem darstellen.

Marina Kerner (SPD) und Dr. Katja Leikert (CDU/CSU)
Zusammenfassung folgt


Der Antrag wurde zur Weiterbearbeitung an den zuständigen Ausschuss verwiesen. Na dann bin ich ja mal gespannt, was der Ausschuss uns im April präsentiert! Dann ist es aber auch schon zwei vor zwölf und weder Hebammen noch wir Eltern haben Zeit, uns noch weiter vertrösten zu lassen.

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